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Forschungsinstitut für Musiktheater

Schloss Thurnau

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Thurnauer Tanzboden - historischer Ball auf Schloss Thurnau

30. April 2022

Künsterische Forschung und Public music history am fimt

Der initiale Impuls des Projektes war 2020 der Fund eines vierbändigen Kompendiums zu Gesellschaftstänzen in der ehemaligen Schlossbibliothek der Grafen Giech in Thurnau. Über das benachbarte Institut für fränkische Landesgeschichte (IFLG) kam das Fundstück zu Dr. Silvia Bier, die eine erste wissenschaftliche Einschätzung vornahm. Die vier Büchlein, alle im gleichen Querformat, enthalten handschriftlich musikalische Notation für zwei Oberstimmen und eine Bassstimme sowie choreographische Notation zu sogenannten Kontratänzen, in der Quelle als Anglaisen und Cotillons bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Typus des Gesellschaftstanzes, der sich von England aus im 18. Jahrhundert in ganz Europa verbreitete und eine äußerst beliebte Art des gesellschaftlichen Tanzens in der Aristokratie war. Der initiale Impuls des Projektes war 2020 der Fund eines vierbändigen Kompendiums zu Gesellschaftstänzen in der ehemaligen Schlossbibliothek der Grafen Giech in Thurnau. Über das benachbarte Institut für fränkische Landesgeschichte (IFLG) kam das Fundstück zu Dr. Silvia Bier, die eine erste wissenschaftliche Einschätzung vornahm. Die vier Büchlein, alle im gleichen Querformat, enthalten handschriftlich musikalische Notation für zwei Oberstimmen und eine Bassstimme sowie choreographische Notation zu sogenannten Kontratänzen, in der Quelle als Anglaisen und Cotillons bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Typus des Gesellschaftstanzes, der sich von England aus im 18. Jahrhundert in ganz Europa verbreitete und eine äußerst beliebte Art des gesellschaftlichen Tanzens in der Aristokratie war. 

In ihrem tanzwissenschaftlichen Seminar im WS 21/22 untersuchte Silvia Bier die Sammlung mit ihren Studierenden, erschloss und kontextualisierte die Quelle. Angesichts der musikalischen Machart lässt sich die Sammlung in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts datieren. Die verbalsprachlichen Kommentare zu den Tanzfiguren zeigen einen eindeutig fränkischen Einschlag, gemischt mit französischen Begriffen. Einige Namen der Tänze wie „La Anspach“ oder „La Schibberla“ bestätigen die geographische Verortung: wahrscheinlich handelt es sich um die private Tanzsammlung eines Familienmitglieds der Giechs zu Thurnau, die im dortigen Schloss als reichsunmittelbare Grafen Hof hielten. Eine solche Sammlung legte man an, um bei Tanzveranstaltungen ein Repertoire an Tänzen parat zu haben. In der vorliegenden Form, mit dreistimmiger Besetzung und der Notation der Tanzfiguren, sind sie aufführungsbereit.

Da es sich um einen regionalhistorisch interessanten Fund handelt, der unmittelbaren Einblick in eine gelebte Praxis gibt, stellte sich die Frage, wie man den Fund angemessen der Öffentlichkeit näher bringen könnte. So konzipierten die Studierenden unter der Anleitung von Silvia Bier einen öffentlichen Ball, wie er 18. Jahrhundert im bis heute erhaltenen Festsaal auf Schloss Thurnau stattgefunden haben könnte.

Ziel der Veranstaltung war – neben Erkenntnissen über die Choreographien und die Tanztechnik – die Tänze und die Praxis des historischen Gesellschaftstanzes zu zeigen und erfahrbar zu machen, indem die Gäste selbst mittanzen konnten. Der Aspekt des Erlebens und Erprobens ist hier essenziell, da es sich bei Kontratänzen in hohem Maße auch um soziale Interaktion handelt, die Körpersprache und Selbstdarstellung einfordert. In besonderer Weise zeigte der Ball auch, wie Historizität und Authentizität im Erleben performativer Ereignisse generiert wird und auf welche Weise schließlich auch eine Aneignung von Geschichte stattfindet, wie sie charakteristisch ist für viele Living history-Formate als Gegenstand Historischen Lernens. Da der Ball Bezug nahm auf ein konkretes Artefakt der Lokalgeschichte lässt er sich auch als Element der dortigen Geschichtskultur verstehen.

Der Thurnauer Tanzboden ist als Untersuchungsbeispiel Teil des Forschungsprojektes „Public music history: Musik und Tanz als Medium der Geschichtskultur im ländlichen Raum der Gegenwart“ von Dr. Silvia Bier.

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